Hahnemann, der die Chinarinde kannte, stieß bei der Übersetzung von Cullens Materia Medica aus dem Englischen auf eine Ungereimtheit, die ihn dazu bewog, die China lieber noch einmal selbst zu prüfen, denn einfach abschreiben mochte er nicht.
Dabei fiel ihm die Ähnlichkeit der Arzneimittel - Prüfungssymptome mit den typischen Symptomen der Malaria auf; er wußte aber aus seiner Berufspraxis, dass bestimmte Fieber, und zwar Malaria-Fieber, mit Chinarinde geheilt werden konnten, also kam ihm der Gedanke, dass die spezifische Heilung der Malaria-Fieber durch die China durch Ähnlichkeit der Symptome erklärt werden könnte.

Lassen wir ihn selbst sprechen:
"Ich nahm des Versuchs halber etliche Tage 2x täglich 4 Quentchen(1Qu.=3,64 g.)1 gute China ein; die Füsse, die Fingerspitzen usw. wurden mir erst kalt, ich ward matt und schläfrig, dann fing mir das Herz an zu klopfen, mein Puls ward hart und geschwind; eine unleidliche Ängstlichkeit, ein Zittern(aber ohne Schauder), eine Abgeschlagenheit durch alle Glieder; dann Klopfen im Kopfe, Röte der Wangen, Durst, kurz alle mir sonst beim Wechselfieber gewöhnlichen (=bekannten) 2 Symptome erschienen alle nacheinander, doch ohne eigentliche Fieberschauder. Mit Kurzem: auch die mir bei Wechselfiebern gewöhnlichen, besonders charakteristischen Symptome, die Stumpfheit der Sinne, die Art von Steifigkeit in allen Gelenken, besonders aber die taube widrige Empfindung, welche im Periostium über allen Knochen des ganzen Körpers ihren Sitz zu haben scheint - alle erschienen. Dieser Paroxysm dauerte 2-3 Stunden jedesmahl und erneuerte sich, wenn ich diese Gabe wiederholte, sonst nicht. Ich hörte auf und ward gesund."
Sein Erlebnis stieß ihn auf ein Heilprinzip, das nicht neu war. So kannte es etwa schon Hippokrates, aber auch der sehr viel jüngere Arzt des 16.Jh., Paracelsus (1493-1541).
Darin liegt bereits die einfache Wahrheit der Homöopathie( =ähnlich Heilen ), das Schwierigere lag und liegt in den Feinheiten der Ähnlichkeit.
Damit war soeben auch die Homöopathie als Wissenschaft geboren, denn mit solcher an Besessenheit grenzenden Gründlichkeit haben seine berühmten Vorgänger das Heilgesetz der Ähnlichkeit sicher nicht studiert und praktiziert.
Hahnemanns Selbstversuch war somit zur ersten homöopathischen Arzneimittelprüfung geworden, von denen noch viele folgen sollten. Wie bei Hahnemanns Chinarindenversuch sind alle homöopathischen Arzneien an gesunden Menschen geprüft worden.

Wenn gesunde Menschen ein Arzneimittel bekommen, produzieren sie Symptome, z.B. rechtsseitige Kopfschmerzen, brennendes Magenweh, Reizbarkeit, Durchfälle nach kalter Milch usw. Diese Symptome werden gesammelt und ausgewertet. So entstehen Arzneimittelbilder.
Hahnemann hat bis zu seinem Tod 200 Arzneien geprüft, d.h. er hat seiner Nachwelt nicht nur eine theoretisch fundierte Heilmethode hinterlassen, sondern auch eine reichlich brauchbare. Wenn ein Arzneimittel imstande ist, die und die Symptome zu produzieren, ist es auch imstande, die und die Symptome zu heilen, aber die Ähnlichkeit bezieht sich auf das gesamte Krankheitsbild eines Patienten.